SORBISCHER ORGANIST ERWECKT KLÄNGE
AUS DER VERGANGENHEIT ZUM LEBEN
Der Mittwochabend am 22. März 2000 bedeutete für die Wenden in Texas eine ganz besondere Erfahrung. Thomas Sauer, Domorganist der St. Hedwigs-Kathedrale zu Berlin, gab ein Orgelkonzert auf der historischen hundertjährigen Orgel in Serbin (einst von Sorben gegründet). Die meisten der etwa 250 Zuhörer hatten sorbische Vorfahren und waren daher interessiert, den gebürtigen Sorben Thomas Sauer / Tomaš Žur zu hören. Das Konzert begann um 19.00 Uhr in der von inzwischen elekrifizierten Petroleumlampen aus dem vorigen Jahrhundert erleuchteten Kirche. Die Zuhörer füllten die ganze Empore und das Kirchenschiff.
Sauer gab zu Beginn eine kurze Einführung auf Sorbisch und auf Deutsch. Als er dann auf der einmanualigen mechanischen Orgel Werke von Bach spielte – es war der Tag nach dem Geburtstag des Komponisten – schien das Instrument über seine Möglichkeiten hinauszuwachsen. Von größtem Interesse für das Publikum waren auch drei Choräle von Jan Kilian, über die Sauer improvisierte. Kilian, war der erste Pastor in Serbin, vorher Pastor in Klitten bei Bautzen. Die meisten Konzertbesucher hörten diese Choräle zum ersten Mal.
Der Organist war sehr erfreut über die Reaktionen des Publikums. „Ein Mann sprach mich auf Sorbisch an“, erzählte er, „andere unterhielten sich mit mir auf Deutsch. Jemand kannte sogar meinen Onkel, Carl Schmidt. Ich fühlte mich richtig zu Hause. Die Leute schienen dankbar zu sein, diese Musik zu hören und auch über den Kontakt zu mir.“
Sauer gibt auf seiner Tournee fünf Konzerte. Er spielt in Houston und in der texanischen Hauptstadt Austin. Am 23. März ist er in Houston an einer Noack-Orgel, einer Silbermann-Nachbildung, zu hören. Weitere Konzerte spielt er an einer Ott-Orgel, einer Visser-Orgel und einer Hoffmann-Orgel. Er hatte auch Gelegenheit, die große Visser-Orgel der Universität von Texas in Austin kennen zu lernen, die größte mechanische Orgel in den Vereinigten Staaten.
Die Konzerte sind teilweise reine Bachkonzerte zu Ehren von Johann Sebastian Bachs Geburtstag oder gemischte Konzerte in Abhängigkeit von der Disposition des jeweiligen Instrument. So erklingen Werke von Mozart, Mendelssohn und dem ungarischen Komponisten Hidas.
Die Konzerttournee wurde von der Concordia-Universität in Austin gesponsert, der einzigen Universität in den Vereinigten Staaten, die je von Sorben gegründet wurde.
Dr. Faythe Freeze, die Leiterin der Orgelabteilung an Concordia, spielte vor etwa 10 Jahren in der St. Hedwigs-Kathedrale bei Thomas Sauer:
„Seine künstlerischen Fähigkeiten sind bemerkenswert. Wir haben viele exzellente Organisten hier, aber Sauer spielt mit Geist, Leib und Seele in einer Weise, die uns alle inspiriert. Wir können alle noch lernen von seiner Interpretation.“
Sauers Tournee endet am 26. März mit seiner Heimreise nach St. Hedwig, einem Posten, den er die letzten 22 Jahre inne hatte. Das amerikanische Publikum freut sich schon auf seine Wiederkehr in hoffentlich naher Zukunft.
aus CONCORDIA CONNECTIONS
WENDISH ORGANIST REVIVES SOUNDS OF THE PAST
On Wednesday evening, March 22 2000, Wends in Texas has a special experience. Thomas Sauer, Domorganist at St. Hedwigs in Berlin gave a concert on the historic 100 year old Wendish organ in Serbin. Most of the 250 people in
attendance were of Sorbian ancestry and were interested to hear a man born Tomaš Žur (Thomas Sauer). The 7:00 P.M. concert was lighted with electrified kerosene lamps from the last century and people filled both the balcony and the first floor.
Sauer introduced his selections in both Wendish and German. Playing some works of Bach on the day after the composer’s birthday, the one manual mechanical action organ rose to the occasion. Of greatest interest to the
audience were three chorales of Jan Kilian on which Sauer did improvisations. Kilian was the first pastor in Serbin, and formerely of Klitten, not far from Bautzen. Most of those in attendance had never heard these chorales before.
The organist was delighted with the response from the audience. „One man,“ said Sauer, „spoke to me in Wendish, many spoke to me in German, and one man told me he knew my uncle, Carl Schmidt. I felt right at home. The people seemed so grateful to hear the music and to have this contact with me.“
Sauer is on a five concert tour of Texas. He is playing recitals in Houston and Austin, the capital city of Texas. On March 23 he is playing the Noack Organ in Houston which is a Silbermann reproduction. He also played concerts
on a Heinrich Ott organ, a Pieter Visser organ and a Walter Hoffmann organ. In Austin, he also played the great Visser organ at the University of Texas, the largest mechanical action organ in the United States.
The concerts were either all Bach recitals commemorating Bach’s birthday or varied concerts, depending on the instruments. Alternative works included compositions from Mozart, Mendelssohn and the Hungarian composer Hidas. The concert tour was sponsored by Concordia University at Austin, the only university in the United States founded by people of Wendish ancestry. Dr. Faythe Freese, head of organ studies at Concordia, had played for Sauer at St. Hedwigs over 10 years ago. „His artistry,“ said Freese, „is remarkable for us in this country. We have
excellent organists here, but Sauer plays with his spirit, mind and body in a way inspiring to us all. We can all learn from his interpretation.“
Sauer’s tour ends on March 26 when he returns to St. Hedwigs, a post he has held for the past 22 years. American audiences will look forward to his return in the near future.
from CONCORDIA CONNECTIONS